Rede von Antje Enke vom 1. Mai 2022:
Liebe Gäste, sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Bürgervorsteher, liebe Geschäftspartner und Kollegen, liebe Frau Jeanine Rößler als Mitglied des Landtags Mecklenburg-Vorpommern
Wir freuen uns sehr, Sie heute alle hier bei uns am Anklamer Flussufer zu sehen und mit Ihnen zu feiern. Danke, dass Sie gekommen und unserer Einladung gefolgt sind!
Es sind gleich drei Anlässe, die wir gemeinsam heute feiern wollen. Zum einen liegt hier ein funkelnagelneues Hausboot, dass getauft werden soll. Zum zweiten kommt es aus einer Werft, die ein Jubiläum feiert. Und zum dritten starten wir heute als Abenteuer Flusslandschaft in die 22. Wassersportsaison.
Jedes Ereignis für sich ist schon Grund genug für eine große Party. Aber um den Stau an Festivitäten nach zwei Jahren Zwangspause für große Feiern nicht noch länger werden zu lassen, haben wir alles auf einen, den heutigen Tag gelegt. Wir denken, das ist auch in Ihrem Sinne …
Einhundert Jahre Bootswerft Anklam: Als wir zur Jahrtausendwende hier unsere unternehmerische Tätigkeit begannen, hing bereits viele Jahre dieses Schild am Giebel der großen roten Werfthalle und darauf stand: 1922 Bootswerft Gebrüder Freude.
Ernst Freude hatte die Werft 1922 mit seinem Bruder Fritz an traditionsreichem Standort gegründet. Sie bauten 17m-Kutter für die Fischer der Region und brachten ihren Familienbetrieb durch gute und schlechte Zeiten. Sie überstanden Weltwirtschaftskrise und den 2. Weltkrieg. Mitte der 1950er Jahre übernahmen die Brüder Karl und Kurt Freude von ihrem Onkel das Unternehmen.
Karl Freude war damals Ende 20, hatte fünf Jahre in sowjetischer Kriegsgefangenschaft verbracht und war danach ein weiteres Jahr in Fünfeichen interniert worden. Davon sprach er zu uns nie. Das erfuhren wir von anderen. Dafür aber erzählten uns Karl und Kurt über die Jahre viele kleine Anekdoten aus der langen Bootsbaugeschichte auf dem Peendamm.
Ja, wir durften diese beiden Anklamer Bootsbaulegenden, die Gebrüder Freude, kennenlernen. Und mehr als das. Über viele Jahre standen sie uns mit ihrer Erfahrung zur Seite und uns verband mit ihnen eine tiefe Freundschaft. Um so mehr freuen wir uns, dass einige Kinder und Enkel der beiden unserer Einladung gefolgt sind und heute hier sind. Noch schöner ist, dass eines der von Karl und Kurt gebauten Schiffe, ein Motorsegler, hat heute an der Pier festgemacht. Es ist die „Andromeda“.
Natürlich ist die Geschichte des Werftstandortes viel älter und das maritime Erbe Anklams viel größer als die 100 Jahre, auf die wir heute blicken. Hier, auf der Nordseite der Peene wurden seit der Hansezeit hochseetüchtige Schiffe gebaut, auch wenn aus dieser Zeit keine weiteren Informationen vorliegen. Was wir verbindlich wissen ist, dass 1781 die Blütezeit des Anklamer Schiffbaus begann und die Stadt 1797 fünf Werften besaß. Anklamer und auswärtige Reeder ließen hier große Schiffe bauen. Ein Beispiel dafür war die Bark „Charlotte“ des Kaufmanns von Stade: ein 330-Tonnen-Schiff, das 16.000 Taler kostete.
All das soll heute hier erwähnt werden. Und zwar mit Absicht: Wir wünschen uns, dass wir als Stadt und Bürger diese großartige und bisher völlig unterbelichtete maritime Geschichte aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Dass wir sie erlebbar machen für Einheimische und Touristen, hier an den Flussufern. Die Zeichen dafür stehen gut, denn Anklam wendet sich mit seinen Plänen zur Neugestaltung der Peeneufer endlich wieder dem Fluss zu.
Die Zeiten von Dreimastbarken und Lastschiffen, von Fischern, See- und Kaufleuten in Anklam sind vorbei. Damals ging es beim Bootsbau um Zweckmäßigkeit, heute um Komfort und Freizeitspaß. Als wir vor 22 Jahren neben der Bootswerft auch erste touristische Angebote machten, merkten wir schnell, dass die Peene eine magische Anziehung auf Einheimische und Gäste ausübt. „Einmal sein eigener Kapitän“ sein – davon träumen viele von uns. Und weil nicht jeder in ein kippliges Kanu steigt und im Zelt schlafen möchte, entstehen seit 2018 in der Bootswerft Anklam Hausboote der Serie BWA38.
In überschaubarer Anzahl, allesamt mit regionalen Unternehmen gebaut und ausgerüstet und zur Vermietung vor Ort. An dieser Stelle begrüßen und grüßen wir die Tischlerei Brüser, den Dachdeckerbetrieb Marcel Karkowski, Mebowbau Wolgast und das Elektrohaus Wachlin.
Nachhaltigkeit sind uns in der Herstellung und beim Betrieb ebenso wichtig wie der Verweis auf die regionale Wertschöpfung bei der Vermietung unserer Flotte. Geld, das unser Unternehmen damit verdient, wird hier vor Ort wieder investiert.
Auch ökologisch punkten wir: Es sind Boote, mit denen die Gäste im Urlaub „entschleunigen“. Die naturbelassenen Ufer der Peene werden dank ausgefeilter Ankerspieße nicht berührt und trotzdem liegt das Boot sicher an dafür geeigneten Stellen.
Jedes Hausboot verfügt darüber hinaus über ein geschlossenes Abwassersystem und zahlreiche Solarzellen für die Bordelektrik. Im Anschluss an die Taufe steht das Boot für Besichtigungen und kleine Rundfahrten bereit, dann können Sie sich selbst von all dem überzeugen.
Wir arbeiten und leben als Familie seit mehr als 20 Jahren hier am Fluss und wissen um diese besondere und schützenswerte Landschaft. Deshalb haben wir einen ganz engen Draht zum Naturpark Flusslandschaft Peenetal, in dessen Förderverein wir an aktiv mitarbeiten. An dieser Stelle auch eine herzliche Begrüßung der Ranger des Naturparkes Kai und Percie, die unser Fest heute mit ihrem Infostand bereichern. Und auch die Modellbauer des MBC Anklam begrüßen wir herzlich.
Das jüngste Kind unserer Baureihe entstand in den letzten fünf Monaten. Es ist 11,80 lang, 5m breit und hat eine Verdrängung von 8 Tonnen. Zum Bau nötig waren u.a.
180 m2 Sperrholzplatten
40 Liter Farbe und Holzöl
1500 m Kabel
20 Planken Birkenschnittholz
20 Liter Möbellack
Ca. 6000 Schrauben und das ein oder andere Feierabendbier 😊
Apropos Feierabendbier. Das schmeckt am besten, wenn man ein Team hat, auf das man sich in allen Lebenslagen verlassen kann. Dieses Hausboot und alles was sie sonst hier sehen und heute erleben, gäbe es nicht ohne unsere langjährigen Kollegen. Mit ihnen haben wir auch die zurückliegenden zwei nicht einfachen Jahre bewältigt. Ein ganz besonderes Dankeschön an Euch alle am heutigen Tag.
Für die Taufe des Schiffes konnten wir die Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Vorpommern, Frau Fanny Holzhüter, gewinnen. Wir freuen uns sehr, dass sie heute Zeit gefunden hat und Taufpatin für unser neues Hausboot ist.
Abenteuer Flusslandschaft, das sind Carsten Enke, geb. 1966 an der Saale, Diplom-Ing. für Ökologie und Bootsbaumeister und Antje Enke, Journalistin. www.abenteuer-flusslandschaft.de